Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 3 – Sonntag, den 17. Januar 1937, S. 2 – 3.
Wenn auch das frohe Wandern über die Grenze nach dem Egerland wesentlich nachgelassen hat, so verfolgen wir Erzgebirgler doch mit großem Interesse all die Vorgänge und Erneuerungen jenseits der Grenze unseres sächsischen Erzgebirges. So sehen wir auch mit großem Interesse auf dem Kupferhübel ein neues Unterkunftshaus entstehen und unser nebenstehendes Bild zeigt einen Ausschnitt aus den fleißigen Bauarbeiten des vergangenen Jahres. Der Kupferhübel und sein gastfreies Haus haben ihre Geschichte und manch liebe Erinnerung von frohen Wandertagen, die uns zu ihm führten, wird bei uns lebendig, wenn wir ein wenig der Geschichte seiner Entstehung lauschen. Der Kupferhübel, der nach einem Ausspruche Alexander von Humboldt zu den schönsten Aussichtspunkten Mitteleuropas gehört, verdankt seinen Namen dem Bergbau, der hier schon im 15. Jahrhundert urkundlich nachweisbar betrieben wurde und erst in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts endgültig zum Stillstand kam. An das einstige bergbauliche Schaffen erinnern die am Abhange gelegenen Halden und der seit 1910 wieder zugänglich gemachte Stollen der Malachithöhle. Den Gipfel selbst ziert eine Rundkapelle, errichtet im Jahre 1674 von Julius Franz, Herzog zu Sachsen-Lauenburg, die Universitätsprofessor Kassian Hallaschka, Prag, im Jahre 1821 erneuern ließ. Unterhalb dieser Kapelle wurde 1873 von Johann Bergner ein Unterkunftshaus errichtet, dem die Besitzer Lenk, Fritsch, Schediwy und Reimund folgten. Am 4. April 1922 ging es in das Eigentum der Erzgebirgsvereine Kaaden, Komotau, Kupferberg, Preßnitz und Schmiedeberg über. Nach dem Brande am 26. April 1924 erstand ein neues Berghaus, das am … Juli 1925 eröffnet und später durch den Anbau einer Veranda vergrößert wurde. Viel zur Hebung des Besuches trug die im gleichen Jahre von der Bezirksverwaltungskommission Preßnitz-Weipert bis auf den Gipfel gebaute Straße bei. Am 11. März 1935 wurde das Unterkunftshaus neuerdings ein Raub der Flammen und vollständig eingeäschert.
Zwei Tage später, am 13. März 1935, trat der Wirtschaftsausschuß, bestehend aus den Vertretern der Bezirksvereine, zusammen, um zu beraten, was nun geschehen solle. Gedrückt war die Stimmung der Versammelten ob des schweren Schicksalsschlages, doch regte sich schon damals der Wunsch, aus Schutt und Asche ein neues Bergheim erstehen zu lassen. Skizzen und Entwürfe für ein neues Unterkunftshaus lagen sehr bald vor. Nachdem auch der geldliche Aufwand im großen und ganzen sichergestellt worden war, wurde in der am 29. April 1936 in Kupferberg abgehaltenen Wirtschaftsausschußsitzung einstimmig beschlossen, den Bau an den Architekten Herrn Max F. Ruehr in Podersam um den Betrag von 260.000 Kronen (einschließlich Handwerkerarbeiten) zu vergeben. Am 13. Mai 1936 fand die gewerbebehördliche Baukommission statt, worauf am 25. Mai die Arbeiten aufgenommen wurden. Trotz der ungünstigen Witterung waren sie am 8. August so weit gediehen, daß an diesem Tage der „Hebschmaus“ abgehalten werden konnte.
Abweichend von der Lage des alten Unterkunftshauses hat der neue Bau (23,90 Meter lang, 9,70 Meter breit) seine Hauptfront genau nach Süden, wodurch von den Gasträumen eine herrliche Aussicht auf das Mittelgebirge, Saazerland, Egertal mit Duppauer Gebirge, bzw. Keilberggebiet geboten ist. Durch die bis zu ihm führende Straße und einige Wege ist das Unterkunftshaus bequem zu erreichen, wobei noch zu bemerken ist, daß infolge der veränderten Lage der Parkplatz für Fahrzeuge bedeutend größer geworden ist. Die zwei Haupteingänge, je einer im Keller- und Erdgeschoß, sind auf der Nordseite. Der Neubau, im Stile einer Gebirgsbaude gehalten und dem Landschaftsbilde vortrefflich angepaßt, besteht aus dem massiven Untergeschoß, dem Erdgeschoß und dem im Dachstuhl eingebauten Obergeschoß. Das Untergeschoß besteht aus Rohbausteinmauerwerk, wozu das Material verwendet wurde, das sich bei den Felssprengungen auf dem Baugrunde ergab. Erd- und Obergeschoß sind als Holzskelettbau mit doppelseitiger Heraklitisolierung und doppelseitiger Bretterverschalung ausgeführt. Das Steildach mit beiderseitiger Walmung ist mit kupferbraunem Eternitschiefer gedeckt. Im Erdgeschoß liegen die Gasträume. Sie bestehen aus einem Gastzimmer von 78 m², einem weiteren Gastraum von 85 m², sowie einem kleineren Vereinszimmer. Diese Räume stehen miteinander in unmittelbarer Verbindung. „Bauernstube” und Gastzimmer lassen sich durch eine Klappwand in zwei Räume teilen und können bei größeren Veranstaltungen zu einem Raum vereinigt werden. Der Zutritt zu diesen Räumen erfolgt durch einen doppelten Verschluß des Hauseinganges über eine Diele mit Stiegenaufgang zum Obergeschoß und Kellerabgang zur Garderobe. Von der Diele aus erfolgt der Zugang zu den Fremdenzimmern und zum Massenlager im Obergeschoß. Das Obergeschoß enthält vier gegen Süden und drei gegen Norden gerichtete 1- bis 4-bettige Fremdenzimmer, eine getrennte Abortanlage und 2 große Bodenräume für Massenlager. Der oberhalb der Fremdenzimmer vorhandene reichliche Dachraum unter dem Steildache kann gegebenenfalls zur Vermehrung der Fremdenzimmer und Erweiterung des Massenlagers verwendet werden.
Die Wirtschaftsräume im Untergeschoß sind in einem massiven Gehäuse, mit einer Eisenbetondecke abgedeckt und mit dem Erdgeschoß durch eine geräumige Stiege und durch einen Speisenaufzug verbunden. Sie bestehen aus einer großen Küche (38 m²), Speise-, Bier-, Wein- und Eiskeller, aus einem Raum für den Kessel der Dampfheizungsanlage und einer Waschküche. Für den Wirt sind an diese Wirtschaftsräume zwei Wohnräume angeschlossen. An der Nordseite liegt der zweite Haupteingang mit Vorraum, Garderobe, Vorplatz und Stiegenaufgang. Durch die unmittelbare Verbindung des Neubaues mit den Kellern des alten Unterkunftshauses stehen entsprechend große Vorratsräume für Kohle und Holz zur Verfügung. Die Räume werden mittels Zentraldampfheizung geheizt. Trink- und Nutzwasser wird aus einem nahe gelegenen Brunnen bezogen. Gegen Blitzschlag ist das Gebäude durch eine entsprechende Anlage gesichert. Eine Neuerung gegenüber dem alten Unterkunftshaus bedeutet auch die offene Terrasse auf der Südseite des Objektes; da diese Terrasse durch das Gebäude gegen Nordwinde geschützt ist, dürfte hier an Sommertagen eine herrliche Sitzgelegenheit geboten sein.
Blicken wir auf die letzten 20 Monate zurück, d. i. auf die Zeit seit dem Brande des Unterkunftshauses, so sehen wir eine Fülle geleisteter Arbeit, einer Arbeit, die trotz großer Schwierigkeiten vom Wirtschaftsausschusse, vor allem von seinem rastlosen Obmanne, Herrn Mühlenbesitzer Norbert Müller, und Herrn Notar Dr. Julius Geppert (beide EV. Kaaden), in selbstloser Weise vollbracht wurde. In nicht weniger als 30 Wirtschaftsausschußsitzungen wurde für die Erreichung des hehren Zieles gearbeitet. Weit zahlreicher aber noch sind die nebenher laufenden Verhandlungen der genannten Herren und auch anderer Mitglieder des Wirtschaftsausschusses gewesen. Edlem Opfersinne und zäher Arbeit ist es zu danken, daß nunmehr vom „Hübel” das neue Unterkunftshaus grüßt. Der neue Bergwirt, Herr Anton Loos aus Böhmisch-Wiesenthal, dem ein guter Ruf vorausgeht, hat die Betreuung des Bergheimes übernommen. Allen, die in irgend einer Form beigetragen haben, diesen Bau zu fördern und dadurch gleichzeitig mitgeholfen haben, die herrschende Arbeitslosigkeit wenigstens etwas zu lindern, ferner allen werktätigen Mitarbeitern beim Wiederaufbau sei an dieser Stelle herzlichst gedankt. Möge ein glücklicher Stern über dem neuen Bergheime walten! Du aber, lieber Wanderer und Bergfreund, lenke deine Schritte recht oft zu ihm, wo du dich, wohl geborgen in seinen gastlichen Räumen, des herrlichen Blickes auf das ferne Mittelgebirge, die gesegneten Fluren des Saazerlandes und Egertales und die mächtigen Duppauerberge freuen kannst! — Berg Heil!
(Quellen: Kupferhübelheft der „Erzgebirgszeitung” Dezember 1925. Verhandlungsschriften des Wirtschaftsausschusses, Technische Beschreibung des Kupferhübel-Unterkunftshauses von Architekt Baumeister Max F. Ruehr, Podersam.)